Insulinsorten in der Katze

Einleitung

Insulin ist ein sogenanntes "Peptid-Hormon" und besteht aus zwei Ketten von Aminosäuren, namens Kette A und Kette B. Kette A besteht aus 21 Aminosäuren und Kette B aus 30. Die beiden Ketten werden durch chemische Bindungen zusammengehalten. Man kann sich dies am Besten vorstellen wenn man an zwei Perlen-Ketten denkt.

Wenn man das Insulin einer Katze mit dem des Menschen, Rindes oder Schweins vergleicht, sind die meisten Aminosäuren gleich. Doch es gibt auch Unterschiede an einigen Positionen: die Katze unterscheidet sich an 1 Position vom Rind, an 3 vom Schwein und an 4 vom Menschen. Diese Unterschiede mögen auf den ersten Blick den Anschein erwecken, dass Katzen am Besten immer Rinder Insulin bekommen. Dies ist aber nur begrenzt wahr: obwohl menschliches Insulin in Katzen am kürzesten wirkt (vermutlich wegen diesen unterschiedlichen Aminosäuren), Schweine-Insulin etwas länger wirkt und Rinder-Insulin am längsten wirkt, sind diese Unterschiede nicht groß genug um Differenzen bei der Qualität der diabetischen Einstellung festzustellen zu können.

Man würde auch erwarten, dass Katzen gegen menschliches Insulin eine stärkere Immunreaktion zeigen und so eher resistent werden. Aber Katzen scheinen gegen menschliches Insulin nicht wesentlich mehr Antikörper zu bilden als gegen andere Insuline. Richtige Insulin-Resistenz bleibt bei Katzen ein sehr selten auftretendes Problem.

Es gibt viele Informationen zu den Wirkprofilen von verschieden Insulinen im Internet. Aber diese beziehen sich fast alle auf die Wirkung im Menschen und können nicht einfach auf Katzen übertragen werden. Das einzige was man immer wieder feststellt ist, dass Katzen Insulin wesentlich schneller abbauen.

Insuline die heute bei Katzen benutzt werden kann man in 4 Gruppen einordnen. Ich habe versucht so viele Insuline zu nennen wie möglich, aber da viele dieser Infos aus der wissenschaftlichen Literatur stammen sind die Markennamen möglicherweise nicht unbedingt die die man in Europa kaufen kann.

1. Schnellwirkende Insuline in der Katze

Sorten: "Alt"-Insuline (Markennamen: Actrapid, Humulin R)

  • Diese Insuline wirken extrem schnell, heftig und sehr kurz. Sie werden nicht dazu benutzt eine Katze auf Insulin einzustellen. Sie werden in Notfällen an Katzen verabreicht (manchmal intravenös) die unter Ketoazidose leiden. Diese Insuline werden generell nur von Tierärzten benutzt und sollten nur in einer tierärztlichen Praxis unter strikter Beobachtung gegeben werden.

2. Mittellangwirkende (Englisch "Intermediate") Insuline in der Katze

Sorten: Human- oder NPH/Isophane vom Schwein (Markennamen: Protophane, Humulin N), Human Lente (Markennamen: Monotard, Humulin L), Lente vom Schwein (Markenname: Caninsulin), Lente vom Rind (Markenname: Hypurin)

  • Diese Insuline wirken länger als "Alt"-Insuline. Der Grund hierfür ist die Komposition vom Insulin: das Insulin wird an andere Stoffe gebunden die verhindern, dass der Körper das Insulin so schnell abbauen kann. Bei Caninsulin wird ein Anteil des Insulins an Zink gebunden, bei den NPH Insulinen wird Protamin verwendet um den Abbau zu verlangsamen.
  • Die Insuline muß man zwei Mal am Tag spritzen, da sie relativ schnell abgebaut werden. Die Kurven sind steil und der Nadir kann zeitlich gut reproduzierbar sein. Weil die Insuline in dieser Gruppe meistens schnell abgebaut werden, ist es möglich, dass die Blutzuckerwerte in den Stunden kurz vor dem Pre-Wert und zum Pre-Wert kaum noch vom Insulin beeinflußt werden und deswegen oft hoch sind.
  • Unterzuckerungen sind ein ernst zu nehmendes Problem wegen der starken Wirkung dieser Insuline. Zum Nadir sollten die Werte nicht 100 mg/dL unterschreiten da die Effekte des Insulins von einem Tag auf den anderen meistens variabel sind und es sonst zu Unterzuckerungen kommen könnte.
  • Remission sind mit mittellangwirkenden Insulinen relativ selten.
  • Einige dieser Insuline werden in manchen Ländern nach und nach abgeschafft bzw. die Herstellung wird eingestellt.
  • Hier gibt es U40 Insuline die die Dosierung in kleinen Mengen erleichtern.

3. Langwirkende Insuline in der Katze

Sorten: Protamine Zinc Insulin/PZI (Markennamen: PZI, Insuvet), Human- oder Ultralente vom Schwein (Markennamen: Ultratard, Humulin U oder L), Ultralente vom Rind, PZI vom Rind (Markenname: Hypurin)

  • Die Kurven bei diesen Insulin sind meist flacher als bei den mittellangwirkenden Insulinen. PZI ist ein Insulin, das durch die Verbindung vom Insulin mit Zink und Protamin verzögert abgebaut wird. Ultralente Insuline sind meistens an Zink gebunden um flachere Wirkprofile zu produzieren. PZI und Ultralente sind dafür bekannt, dass sie variable wirken können.
  • Bei langwirkenden Insulinen spritzt man auch zwei Mal pro Tag, denn sie wirken meistens nicht länger als 12 Stunden.
  • Unterzuckerungen kommen etwas seltener als bei mittellangwirkenden Insulinen vor und es ist oft möglich sich beim Nadir an Werte ranzutasten die knapp über den normalen Werte einer gesunden Katze liegen (also 80 mg/dL).
  • Remissionen treten bei diesen Insulinen öfter als bei mittellangwirkenden Insulinen auf, aber die Remissions-Rate ist oft davon abhängig was für ein Einstellungs-Protokoll benutzt wird z.B. gibt es für PZI ein besonders schwieriges/aufwendiges Einstellungs-Protokoll das in Amerika populär ist namens "Tight Regulation", wo die Remissions-Raten sehr hoch seien sollen. Hier wird PZI ganz anders eingesetzt als es normalerweise der Fall ist.
  • Einige dieser Insuline werden in manchen Ländern nach und nach abgeschafft bzw. die Herstellung wird eingestellt.
  • In vielen Ländern gibt es U40 Varianten von diesen Insulinen zu kaufen.

4. Basalinsuline in der Katze

Sorten: Glargine (Markenname: Lantus), Detemir (Markenname: Levemir)

  • Lantus ist relativ neu auf dem Markt und unterscheidet sich stark in der Komposition von den anderen bis jetzt genannten Insulinen. Es wurde eine Aminosäure in der B-Kette ausgetauscht und 2 zusätzliche Aminosäuren an die B-Kette angehängt um den Wirkungsmechanismus des Insulins zu verändern. Der Zweck von diesen Veränderungen ist folgendes: in der Flasche bei einem säuerlichen pH-Wert von 4 ist Lantus in Lösung, sobald es in das neutrale Gewebe gespritzt wird reagiert es auf den erhöhten pH-Wert und formt ein Depot das nur sehr langsam abgebaut werden kann.
  • Levemir gibt es in Europa erst seit 2003. Es hat einen einzigartigen Wirkungsmechanismus, der durch die Bindung einer 14-C Fettsäure an die Position B29 des Insulinmoleküls bei gleichzeitiger Entfernung der Aminosäure an Position B30 produziert wird. Mehr ist hier zu lesen.
  • Der vollständige Abbau von Lantus in der Katze dauert 24 Stunden, die größte Wirkung ist in den ersten 12 Stunden zu beobachten in denen auch meistens der Nadir zu finden ist. Die Kurven von Lantus sind in den meisten Katzen flacher als bei allen anderen Insulinen. Levemir scheint sehr ähnlich zu wirken.
  • Katzen werden auch zwei Mal pro Tag gespritzt um eine gleichmäßig lange Depot-Wirkung zu erreichen und hohe Pre-Werte zu vermeiden.
  • Unterzuckerung sind wesentlich seltener als bei anderen Insulinen die bis jetzt in Katzen wissenschaftlich untersucht worden sind. Durch einen vorsichtigen Umgang mit dem Insulin und ein vorsichtiges Herantasten können Werte im physiologischen Bereich der Katze erreicht werden, die dann generell als Signal dienen die Dosis zu reduzieren. Es gibt aber auch Katzen, die schon viele Jahre Diabetes haben und nur noch über sehr wenige funktionierende Beta-Zellen verfügen. Diese Katzen können eine sehr konstante Einstellung erreichen wo die meiste Zeit jeden Tages ohne Probleme im physiologischen Bereich verbracht werden kann und dadurch die Folgeschäden dieser Krankheit besser minimiert werden können.
  • Remissionen sind bei neuen diabetischen Katzen die keinen weiteren Komplikationen haben eher die Regel als die Ausnahme. Ob dieses auch bei Katzen der Fall ist die schon länger an Diabetes leiden, ist meines Wissens noch nicht in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben.
  • Leider gibt es Lantus und Levemir nur als U100 Insuline, was die Dosierung von kleinen Mengen erschwert.

Zusammenfassung

Es ist sehr wichtig sich mit den Zusammensetzungen und Wirkungsprofilen von allen Insulinen vertraut zu machen die heute bei Katzen benutzt werden. Man muß immer das Insulin finden was für die eigene Katze am Besten funktioniert. Meistens gilt hier, je länger und gleichmäßiger die Wirkung, desto besser funktioniert das Insulin.

Vielen Informationen von

  • Martin G, Rand J, "Current understanding of feline diabetes: Part 2, Treatment", JFMS 2000.
  • Martin GJ, Rand JS, "Pharmacology of a 40 IU/ml porcine lente insulin preparation in diabetic cats: findings during the first week and after 5 or 9 weeks of therapy", JFMS 2001.
  • Rand, J, Marshall, R, "Update on Insulin Glargine use in Diabetic Cats", ACVIM, 2005.

Links

Autorin: Kirsten mit Tilly
Datum: Juli 2005, überarbeitet April 2006