AW: Kortison und Diabetes
Hallo nochmal,
Holger hat auf meine e-mail geantwortet und mir gestattet, seine Erfahrungen hier zu veröffentlichen.
Ich zitiere das ungekürzt:
Hallo,
tja, ich hab auch recherchiert und nichts mehr gefunden.
Ist lange her und ich weiß auch gar nicht, ob ich da wirklich mal was geschrieben hab, sozusagen als Zusammenfassung oder ob ich es nur so mal in einem Posting erwähnt habe.
Ich versuch mal aus meiner Erinnerung ein paar Dinge zu reflektieren.
Der einfachheithalber hier als E-Mail an Dich, aber gerne kannst du die Inhalte frei verwenden, abändern, kürzen, anpassen und verteilen.
Grundsätzlich ist Kortison natürlich kontraproduktiv zur Diabetes und dem Versuch einer guten Einstellung.
Dennoch gibt es ja Situationen wo man es nicht umgehen kann, also muß man dann sehen es so gut wie möglich hinzubekommen.
Als Regeln habe ich mir damals aufgesetzt:
1.)
Tabletteneinnahme ist einer Depotspritze vorzuziehen.
Wir haben Prednisolon verwendet, eine Zugabe pro Tag.
Dadurch daß man keine Depotspritze verwendet sondern eben eine tgl. zu verabreichende Tabletten Menge, kann man die Abgabe besser kontrollieren.
2.)
Ob morgends oder abends, ich glaube da gab es auch noch eine Idee was optimaler ist, kann mich aber leider nicht mehr erinnern.
War aber kein signifikanter Faktor, habe ich dann auch eher vernachlässigt
3.)
Grundsätzlich gilt: So wenig Kortison wie möglich, soviel wie nötig.
Das heißt anfänglich, sich ggf. mit der Dosierung etwas rantasten. Da wir das Kortison wegen einem Juckreiz mit extrem Lecken geben mußten, bestand ja keine Lebensgefahr, somit konnte man was die Kortison-Dosierung angeht auch mal was ausprobieren und die min. Dosis so etwas leichter bestimmen.
Ich hab nur festgestellt, daß manche TÄ dazu neigen, eher mehr als weniger zu geben und das wollte ich eben vermeiden.
4.)
Gleichmäßige Kortison Eingabe, also entweder immer morgens oder immer abends etc...
Vielleicht kann man auch 2x tgl. eine halbe Portion anstelle 1 x tgl. eine volle Protion.
Man müßte da mal mit einem Mediziner absprechen wie das gegeben Kortison vom Körper aufgenommen wird, ob also eine Gabe 2x 1/2 tatsächlich eine bessere Gleichmäßigkeit haben könnte also 1x volle Dosis tgl. oder ob das nicht eher egal ist aufgrund des Wirkmechanismus.
5.)
Diese Punkt 5 ist etwas heikel.
Man muß sich natürlich vorher fragen, ob die Kotisongabe temporär erfolgt oder langfristig bzw. immer.
Man weiß ja, wenn Kortison sehr lange gegeben wird, die Gefahr besteht, daß die Nebenrindennieren verlernen Eigenkortison herzustellen.
Deshalb soll man Kortison ja auch nicht abrupt absetzten, sondern ausschleichen lassen.
Aber bei Langzeittherapien kann es auch passieren, daß eben die Eigenproduktion sozusagen gänzlich verkümmert.
Das würde bedeuten, man muß dann immer Kortison geben, weil es der Körper nicht mehr selber produzieren kann.
Aber, die gefahr besteht eigentlich erst bei sehr langfristigen Gaben. Und dann ist es aber auch oft so, daß das eben das kleinere Überl ist, sprich ein Risiko ist was man eben eingehen muß. Nur weil man ein paar Monate Kortison geben muß, ist vermutlich das Risiko noch nicht sehr hoch, aber bei jahrelanger Gabe eher schon.
Deshalb raten manche fachleute dazu, wenn es möglich ist, Kortison Tabletten nicht jeden Tag, sondern z.B. nur jeden 2. Tag zu geben.
Geht natürlich nur, wenn das Krankheitsbild dies zuläßt. Dadurch daß man Kortison nur jeden 2. Tag gibt, verlernt der Körper die Eigenproduktion quasi nicht.
Allerdings kann man dadurch das Problem bekommen, daß man den BZ Spiegel wieder schlechter kontollieren kann, weil die Gabe von Kortison ja nicht regelmäßig ist.
Wegen diesem Dilemma, der anfangs erwähnte Satz: ..... Punkt 5 sei etwas heikel.
Als wir unserem Tiziano Kortison gaben und wir dann später mit der Insulintherapie anfangen mußten, hatten wir aber zunächst ein viel größeres Problem , was wir damals natürlich noch nicht wußten.
Das Problem war, daß das Insulin (Can, Hypurin, etc...) einfach nicht das Richtige für Tizianio war und es deshalb zu keinen guten Ergebnissen kam.
Das lag also nicht am Kortison. Hat aber jeder vermutet und wir natürlich auch erstmal.
Bald dann benötigte Tiziano kein Kortison mehr, wir konnten es langsam ausschleichen lassen. Der jahrelange Juckreiz mit extrem Kahl- und Wundlecken verschwand allmählich mit der Insulintherapie und das obwohl wir zu dem Zeitpunkt noch weit entfernt von einer guten Einstellung waren.
Wir haben also nicht wirklich eine Langzeit-Erfahrung mit Kortisongabe und Insulineinstellung.
Außerdem war unsere Dosis eher gering und ich bin immer noch nicht wirlich überzeugt, ob diese Kortisongabe letztlich einen signifikanten Einfluß hatte oder eben eher nicht, weil andere Faktoren zu dem Zeitpunkt eher die Oberhand hatten (falsches Insulin, keine gute Einstellung ansich etc...)
Ich bin der Meinung, es muß auch mit Kortison gehen, wenn man die Regelmäßigkeit beachtet, die Menge an Kortison so gering wie möglich hält und auch sonst so regelmäßig wie möglich Faktoren versucht zu halten. Man muß eventuell akzeptieren, daß es eventuell immer wieder zu Ausreißern kommen kann, mehr als wenn kein Kortison im Spiel ist.
Aber, das ist oftmals das kleinere Übel, denn aus Spaß gibt man ja kein Kortison.
Noch ein Punkt der mir so in den Sinn kommt:
Obwohl es bei Lantus/Levemir ja eigentlich nicht nötig ist die Eßportionen auf 2 Mahlzeiten pro Tag zu beschränken, könnte ich mir vorstellen, daß es möglicherweise einfacher ist, man tut dies. Einfach um den Einfluß vom Essen besser kontrollieren zu können, gerade wenn man zusätzlich noch den Einfluß vom Kortison als Zusatzfaktor hat.
Aber, nur so ein Gedanke.
Und was ganz wichtig ist:
Man benötigt eine positive Zusprache. Was man wirklich nicht auch noch benötigt sind Aussagen wie, " No way", geht gar nicht, hat noch nie geklappt etc...."
Diese Aussagen sind sowieso nur subjektiv, aber ziehen einen nur noch mehr runter.
Man benötigt Mutzusprecher.
Die hatten wir gottseidank.
Letztlich gilt im allgemeine auch hier:
Think positiv ! Wo ein Wille ist auch ein Weg.
Gruesse,
Holger